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Das Besondere Bier

Als wir mit dem Bier-Index begannen, stellte uns die reichhaltige Bierwelt oft vor geschmackliche Herausforderungen. Extrem saures Gueze, modrige Ales, likörartige Dreifachböcke…da wurde den Geschmacksknospen einiges abverlangt.

Unter jenen herausfordernd einzigartigen Bieren befand sich auch das Deus, mit Champagnerhefen vergoren, geliefert in einer dekorativen Champagnerflasche. Es war nicht ganz Bier, nicht ganz Sekt, irgendwo dazwischen und auf jeden Fall mit dem Hauch des Besonderen umgeben. Da es auch geschmacklich überzeugte, kürten wir es zum Bier des Monats, trotz des gesalzenen Preises.

Vor kurzem erschien ein neuer Vertreter dieser Biersorte: das Infinium. Obwohl es uns nicht ganz so begeisterte, wird es in manchen Lokalen inzwischen als Champagnerersatz angeboten – zu Champagnerpreisen.

Und nun kommt auch noch die Radeberger-Gruppe mit ihrer Braufactum-Serie, einer erlesenen Zusammenstellung einzigartiger Brauerzeugnisse verschiedenster Couleur – zu Preisen zwischen 3 und 5 Euro für die kleinen Flaschen und 7 bis 30 Euro für die 0,75l-Pendants.
Viele Biertrinker werden sich fragen: Lohnt sich das? Kann ein Bier wirklich so gut sein, dass es einen solchen Preisanstieg rechtfertigt? Oder ist das einfach bloß Geldmache mit Luxusgehabe?

Die salomonische Antwort: Beides!

Denn wie immer gibt es zwei Seiten der Medaille.

Auf der einen Seite ist Bier ein Volksgetränk. Dadurch hat es den Ruf bodenständig, einfach, ehrlich und jedem zugänglich zu sein. Dinge wie Nase, Bouquet, samtige oder trockene Abgänge…die meisten Biertrinker halten das für Sachen, die nur weinschlürfenden Möchtegernfeinschmeckern zustoßen. Ich kenne sogar Leute, die es partout ablehnen, Flaschenbiere zum Trinken in Gläser zu füllen.

Andererseits ist diese Ansicht schrecklich einseitig. Denn schließlich ist in Frankreich der Wein auch nicht bloß ein elitäres Luxusgetränk, sondern ebenso volksnah wie hierzulande das Bier. Es gibt ihn in Spülwassertetrapackqualität und als erlesene Rarität für Tausende Euro. Warum sollte dem Bier eine solche Bandbreite versagt sein? Schließlich ist es als Getränk nicht schlechter, nur anders, als Wein. Zumindest dieser Aussage dürften auch jene zustimmen, die eine Verkünstelung ihres Alltagsalkohols fürchten.

Wir von Bier-Index sehen den Trend zum Exklusivbier überwiegend positiv. Schließlich wird ja niemandem sein Pils, Alt, Hell oder Kölsch weggenommen. Auch, dass Bier plötzlich als Luxusgut unerschwinglich wird ist eher unwahrscheinlich. Eigentlich wird die Bierwelt nur um das Luxuspreissegment erweitert, welches ihr bisher größtenteils fehlte.

Und rechtfertigt der Qualitätsanstieg denn nun den Preis? Nein, natürlich nicht. Aber das ist bei Luxuswaren nie der Fall. Ein Designerkleid ist nicht zehnmal so gut wie ein anderes, namenloses, handwerklich jedoch einwandfreies Kleid, selbst wenn es zehnmal soviel kostet. Beim Luxus geht es um Prestige und um das Einzigartige. So sind jene Luxusbiere nicht zwangsläufig besser. Aber sie bieten definitiv ein Geschmackserlebnis abseits des Gewöhnlichen, und wer sich das nicht leisten kann oder will, bleibt außen vor.

Luxusartikel sind für besondere Anlässe. Daher freue ich mich, dass endlich auch Bier, nicht mehr nur Wein und Schnaps, bedenkenlos verschenkt werden kann. Denn beim Geburtstag des Schwiegervaters, der keinen Wein trinkt, mit ner Pulle Oetti anzutreten, das klingt einfach nicht nach einer guten Idee. Aber mit einer schick gestalteten Flasche für 15 Euro braucht man sich nicht zu verstecken.

Letztlich sind die Preise auch gar nicht so schlimm. So mancher Skandinavier dürfte sich beim Anblick jener Luxusbiere in den Delikatessenabteilungen unserer Kaufhäuser fragen: „Wieso stellen die ihr Billigbier denn so protzig auf?“

Selbst Luxus ist eben eine Frage der Perspektive.

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