Ein "weißes IPA" heißt in diesem Fall, wenn ich die Zutatenliste richtig deute, ein IPA auf sowohl Weizen- als auch Gerstebasis - und dazu kommt ein Kniff, den ich bislang bei keinem Bier erlebt habe und der eigentlich doch so naheliegt, dass ich mich wundere, weshalb keine andere Brauerei (von der ich weiß) schon darauf gekommen ist: Es wurde nämlich Sencha Earl Grey mit eingebraut. Ja, ja, ich weiß, Reinheitsgebot, wo kommen wir denn da hin, Puristen werden die Nase rümpfen, Traditionalisten werden es als hippe unnötige Modeerscheinung abtun, aber es schmeckt und macht völlig Sinn: So weit ist doch der Weg von der Kalthopfung zur Kalt-Tee-Aromatisierung nicht, oder? Das Bergamottearoma kommt klar und deutlich heraus und ergänzt sich prima mit den vier Aromahopfensorten (Hallertau Blanc, Sorachi Ace, Equinox, Magnum), die natürlich auch ihr übriges tun, dass als erstes eine ordentliche Portion Bitterkeit die Nase erreicht. Schöne Malzbasis, wie ich sie inzwischen bei den meisten polnischen Craftbieren angetroffen habe, fängt das ganze auf und lässt das Bier bei aller Eigenheit rund und ausgewogen erscheinen. Ganz feinperlige Kohlensäure macht das Bier wirklich angenehm zu trinken. Wirklich lang ist der Abgang, bei dem das Earl-Grey-Aroma länger nachklingt als alles andere. Das geht auf Kosten der Komplexität, aber bei einem so experimentellen und innovativen Bier will ich das dem Grodzisku IPA nicht anlasten. 6% Alkohol drängen sich nicht zu sehr auf. Gewiss kein alltägliches Bier, aber eines, das - auch nach inzwischen viel Erfahrung in der Sache - meinen Horizont erweitert hat.